Sabina Holzer
VERSCHREIBUNGEN (performative und installative Übung der Verortung von Ortlosem)
Wie anfangen, wenn Dinge geschehen, bevor sie geschehen?
Einfach aufbrechen. Sich auf den Weg machen. Der Weg ist verzweigt. Wie das Nervensystem. Verzweigende Beziehungen. Aus diesen filigranen Leitungen, Hohlräumen, Linien, diesem andauernden Pulsieren, diesem Rauschen, dieser Stille, diesen Übergängen -- lesen. Lesen um zu Schreiben.
Materialität der Schrift. Immaterialität der Körper. Das Körperliche hinterlässt Einschreibungen: entropisches Fließen, Rückkoppelungen, Überschreitungen. Grundlos ist das Nervensystem eingebettet in seine Umgebung und breitet sich aus. Hinterlässt Spuren und bildet Maschinen. Grundlos eingebettet, wie das Nervensystem suche ich Einfachheit: Klänge, Formen, Farben. Begehren. Glück. Depressionen. Untersuche Verwebungen, Texturen von Materien.
Ganz Alltägliches. Auch wenn der Hintergrund das rastlose Halbdunkel bildet, dass meine Träume bevölkert. Mein Ausgangsmaterial ist eine Ecriture. Nachtschreiben. Manchmal, glitzern, blitzen. Geisterhaftes Aufbäumen allerorts. Als stünden wir vor einer nationalen Katastrophe, obwohl der Nationalstaat schon lange nicht mehr existiert. Ich halte mich an meine unverhoffte Leidenschaft für Fakten und Sachverhalte. Ich werde. Singulär. Plural. Ich trete in die Welt, die ich nie verlassen habe und die eine andere ist. Kontingenz.
Und, nicht vergessen: die Struktur des Atoms ist unsichtbar, aber man weiß von ihr. Ich weiß von vielem, dass ich nicht sehe. Und ihr auch.
SABINA HOLZER (AT) ist Performerin und Autorin. Sie studierte an der Hooge School voor de Kunsten Amsterdam / School for New Dance Developement. Sie arbeitete in Projekten mit Robert Steijn (NL), Fabian Chyle (D), Bilderwerfer (AT), Toxic Dreams (AT), Vera Mantero (PT), Philipp Gehmacher (AT), Lux Flux (AT), Machfeld (AT), Milli Bitterli (AT), Martin Siewert (AT) und Jeroen Peeters (BE). Seit 2007 publiziert sie Texte zu Performance und zeitgenössischem Tanz in unterschiedlichen Medien. Sie unterrichtet in verschiedenen Institutionen (Tanzquartier Wien, ImPulsTanz u.a.) und gestaltet transmediale, kollaborative Settings in der Durchdringung von künstlerischer Praxis und Theorie. Seit 2005 ist sie in enger Zusammenarbeit mit dem bildenden Künstler Jack Hauser. Zusammen entwickeln sie Performances und Interventionen in öffentlichen Räumen, Galerien, Museen und Theatern: Lentos Museum of Modern Art, Linz; WUK; Essl Museum; Hidden Museum; Documenta 13 und University of Visual Arts Vienna und Tanzquartier Wien.